Was ist mit Bildungssprache gemeint?
Bildungssprache verwendet man beim Lernen in der Schule, in der Ausbildung, in Medien und im öffentlichen Leben. Sie hebt sich als „cognitive academic language“ (Cummins, 1991) von der Alltagssprache ab.
Sie ist gekennzeichnet durch abstrakte Inhalte, eine akademisch gewählte Sprache und enthält fachsprachliche Begriffe und Strukturen (vgl. Carnevale & Wojnesitz 2014, S. 8).
Schüler/innen müssen fachgerecht und situationsangemessen kommunizieren können, zum Beispiel, wenn sie ein Referat halten, eine Versuchsanleitung schreiben, oder eine Rechenoperation erklären. Sie benötigen dafür bildungssprachliche Kompetenzen, die sie im Laufe der Schulstufen hindurch schrittweise aufbauen, wobei die Sprache in jedem Fach kontinuierlich abstrakter und komplexer wird.
Wie kann man den Aufbau von Bildungssprache fördern? Durch einen sprachsensiblen Fachunterricht!
Was ist mit Sprachsensiblem Unterricht gemeint?
Ein Unterricht, der auf individuelle sprachliche Bedürfnisse von Lernenden eingeht.
Dieser Unterricht
- verbindet fachliches mit sprachlichem Lernen.
- ist Teil des Regelunterrichts und Kernelement einer durchgängigen Sprachbildung.
- ist von besonderer Bedeutung für Schüler/innen mit Migrationsbiografie bzw. aus einem spracharmen sozialen Umfeld.
- setzt voraus, dass Schüler/innen sich bereits in Alltagssituationen verständigen können.
Tipps für einen Sprachsensiblen Unterricht
- Mit der vorhandenen Sprache der Schüler/innen arbeiten und diese schrittweise ausbauen.
- Im Unterricht bewusst mit Sprache umgehen, damit sprachliche Schwierigkeiten nicht den Lernerfolg im Fach behindern.
- Einen reichen Sprachinput bieten, ohne die Lernenden zu über- oder zu unterfordern und wichtige Begriffe/fachsprachliche Wendungen häufig verwenden.
- Nötige Sprachlernhilfen für die Bewältigung von fachlichen Aufgaben zur Verfügung stellen.
- Als Lehrperson ein Sprachvorbild sein: klare Aufgabenstellungen formulieren, Standardsprache verwenden.
- Die Mehrsprachigkeit der Schüler/innen als Ressource für das Lernen nutzen ("Wie heißt 'Sauerstoff' auf Türkisch? Und mit welchem Buchstaben kürzen wir dieses Element in der Chemie ab?")
Institutionen & Netzwerke
Pädagogische Hochschulen, Universitäten, Bildungsdirektionen, Ministerien, Landesregierungen, Kommunen und NGOs setzen Initiativen, entwickeln Projekte und Konzepte und betreiben Websites zum sprachsensiblen Unterricht bzw. zur Förderung der Bildungssprache in allen Unterrichtsgegenständen. Sie ermöglichen Lehrpersonen einen tieferen Einblick, inspirieren und bieten Gelegenheit für Austausch und Vernetzung. Wir konnten uns bisher wertvolle Anregungen für die Projektarbeit und Entwicklung von Praxismaterialien holen.
Hier stellen wir Ihnen eine Auswahl an Einrichtungen und Initiativen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und des Europarats zur Verfügung.
Fehlt eine wichtige Einrichtung oder Initiative, die wir noch anführen sollen? Gerne! Dann bitte Info an carnevale@oesz.at. Vielen Dank!
Alle Schüler/innen – ungeachtet dessen, ob Deutsch ihre Erst- oder Zweitsprache ist – erhalten mit einem sprachsensiblen Fachunterricht die Chance, ihre bildungssprachlichen Kompetenzen in jedem Unterricht zu entwickeln und ihr Denken zu erweitern.
Methodik-Didaktik eines sprachsensiblen Unterrichts
Scaffolding
Mit dem didaktischen Prinzip des Scaffolding (engl. „Gerüst bauen“) bietet die Lehrperson für die Bewältigung von Aufgabenstellungen so viele Sprachhilfen wie nötig an, zum Beispiel Impulsfragen, Worterklärungen oder Formulierungsvorschläge. Aufgabenformate und Methodenwerkzeuge (Textpuzzle, Satzbaukasten, Glossar, Kärtchenabfrage, Dictogloss u.a.) fördern das Sprechen über Fachinhalte, das Leseverstehen und die Schreibkompetenz.
Wechsel der Darstellungsformen
Inhalte können auf unterschiedliche Art präsentiert werden: mit Bildern, Gegenständen, Texten, Formeln, Symbolen, Grafiken und vielem mehr. Lernende erhalten durch diese Multimodalität der Darstellung mehr Möglichkeiten, Fachliches zu verstehen und Bildungssprache zu verwenden. Sie können zum Beispiel ermutigt werden, Textinhalte in Tabellenform darzustellen oder Bildimpulse als Ausgangspunkt für die Erstellung einer Mindmap zu nutzen. Ein abwechslungsreicher Einsatz von Präsentationsmöglichkeiten führt dazu, dass über Sachinhalte kommuniziert werden muss und die Lernenden ins sprachliche Handeln kommen.
Prinzip der kalkulierten sprachlichen und kognitiven Herausforderung
Die sprachlichen Anforderungen liegen knapp über dem Sprachvermögen der Lernenden. Voraussetzung dafür ist, dass der Sprach-(Lern)stand der Schüler/innen richtig eingeschätzt wird. Dafür ist ein kollegialer Austausch zwischen Deutsch- und Fachlehrer/innen in einem Klassenteam hilfreich und sinnvoll.
Unsere Videoecke zum Sprachsensiblen Unterricht
(in Kooperation mit Bildungs-TV OÖ)
- • Carla Carnevale: Einführung in den Sprachsensiblen Unterricht für alle Schularten
- • Carla Carnevale: Interview mit Kernbotschaften zum Sprachsensiblen Unterricht
- • Josef Leisen: Sprachsensible Gesprächsführung – Moderation und Rückmeldung, Sekundarstufe
- • Daniela Rotter: Sprachsensible Gesprächsführung für Grundschullehrer/innen
- • Josef Leisen: Vortrag beim Bundesseminar in Wels/OÖ: "Warum Sprache für das fachliche Lernen wichtig ist. Methoden für einen sprachsensiblen Fachunterricht."
- • Stefan Lamprechter und Robert Riegler: Sprachbewusstes Methodentraining für den Fachunterricht in der Sekundarstufe
- • ÖSZ-Konferenz 2018 zum Sprachsensiblen Unterricht: Interviews und Vorträge
- • 4 Unterrichtsvideos der Musik-NMS Ferdinandeum Graz (2016); Ausschnitte aus Biologie-, Chemie- und Geographieunterricht in der 7. und 8. Schulstufe inkl. eines Interview mit der ehemaligen Schulleiterin Margareta Fritz
- • Zwei Unterrichtsvideos der Volksschule Pottendorf mit Karin Öhlerer (2016): Kurzvideo 1, Kurzvideo 2
Materialien
Ihre Ansprechpersonen im Projekt
Mag. Dr. Carla Carnevale
Senior Project Manager
carnevale@oesz.at
Arbeitsbereiche:
- Deutsch als Zweit- und Bildungssprache
- Fremdsprachen
- Mehrsprachigkeit und Erstsprachenunterricht
Sonstige Tätigkeitsfelder:
- Referentin für sprachsensiblen Unterricht in der Pädagog/inn/enbildung
Dr. Albert Göschl
Stellvertretender Geschäftsführer
goeschl@oesz.at
Arbeitsbereiche:
- Deutsch als Zweit- und Bildungssprache
- Fremdsprachen
- Nationale Netzwerke
Sonstige Tätigkeitsfelder:
- Dozent für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der Fachhochschule Joanneum
- Lektor für Romanische Literatur- und Kulturwissenschaften an der Universität Graz